26 Juni Entschuldigung? Danke!
„Entschuldigung?!“ Die Frau, die mir in den Weg tritt, hat ein sympathisches Gesicht, dunkler Teint, graue Locken, freundlich interessierter Blick. Ob sie in der Tafel arbeiten solle, fragt sie unvermittelt und guckt mich erwartungsvoll an. Als wüsste ich die Antwort. Ich stutze.
Ist das nicht die Frau, an der ich eben vorbei bin? Vor einer Minute bin ich aus dem Nebengebäude der Kirche. Sie stand draußen auf der Stufe vor dem Eingang, unterhielt sich mit einem Mann, der sie freundlich verabschiedete. „Gottes Segen“ gab sie ihm mit auf den Weg. Lautstark, unüberhörbar. Sie musste hinter mir hergelaufen sein. Ob der Mann, vielleicht ein Mitarbeiter der Gemeinde, ein Pfarrer, ein Diakon, ihr das mit der Arbeit für die Tafel geraten habe, frage ich mich. „Wurde Ihnen das denn angeraten?“ „Ja!“ Sie nickt und runzelt die Stirn. Aber sie beziehe eine Grundsicherung und zu Hause habe sie nur ein Handy und einen Tisch, sonst nichts, sagt sie. Ihre Aussprache ist sehr prononciert, aber mit einer regionalen Färbung, einer ungewöhnlichen Betonung, wahrscheinlich hat sie einen Migrationshintergrund, eventuell fällt es ihr schwer, sich auszudrücken? Sie guckt mich unverwandt an, tritt einen Schritt näher, wiederholt ihre Frage, mit den Augen fragt sie, und nun noch einmal ganz direkt. Ob Sie bei der Tafel arbeiten solle. „Nun ja, das müssen Sie in erster Linie selbst wollen“, entgegne ich freundlich unbeholfen. Es gäbe sonst ja sicher noch andere Möglichkeiten… Wie alt mag sie sein. Fünfzig? Ich gucke auf die Uhr, meine U-Bahn…Nein, man habe sie betrogen, ihr zwei falsche Rechnungen geschickt.
Okay, du musst dich loseisen, denke ich. Man habe ihr gesagt, fährt sie fort und schaut mich unverwandt und forschend an, sie solle dort, sie dreht sich um und weist auf das Gemeindehaus links von uns, Erkundigungen einziehen. „Ja, das ist eine gute Idee!“, sage ich. Sie nickt ernst, lässt mich stehen und steuert auf das Gemeindehaus zu. Ich gehe den Weg hinunter, der ins Dorf führt, zur U-Bahn-Station. „Entschuldigung!“, ruft sie mir nach. Ob ich Christ sei? „Ja.“ „Danke! Gottes Segen!“ Und etwas später aus der Ferne: „Entschuldigung! Mormone?“ „Nein.“
„Danke!“ Sie steuert auf das Gemeindehaus zu.
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